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Graf
ist ein Adelstitel.
Die althochdeutschen Formen grafio und gravo stammen wahrscheinlich über das
mittellateinische graffio vom byzantinisch-griechischen γραφεύς
(grapheus), der Schreiber.
Der lateinische Begriff comes (frz. comte, ital. conte) war zu
spätrömischer
Zeit die Bezeichnung
eines hohen kaiserlichen Finanzbeamten (comes
largitionum).
Fürstentitel
wie Landgraf,
Markgraf
sowie einige Pfalzgrafen
sind im Heiligen
Römischen Reich von
den Grafen zu unterscheiden und stehen in dessen Ordnung über dem
Grafenstand. Weiterhin existierten Standeserhöhungen in der Form gefürsteter Grafen.
1919 wurden die Adelstitel und Standesvorrechte in Deutschland und
Österreich rechtlich abgeschafft. Im Gegensatz zur absoluten
Abschaffung in Österreich ist in Deutschland der ehemalige Adelstitel
nur noch Teil des Nachnamens, aber kein Titel mehr. Daher erfolgt seit
1919 die richtige Anrede nach dem Muster Vorname und danach der frühere
Adelstitel als Teil des Nachnamens. Demgegenüber stand vor 1919 der
Adelstitel noch vor dem Vornamen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch
ist die Anrede Graf/Gräfin Soundso (unter Weglassung des „von“
sowie Herr/Frau).
Ursprünge des Grafentitels
Im Merowinger-
und Frankenreich
war ein Graf königlicher Amtsträger, der
in einer Verwaltungseinheit (Grafschaft,
Gau)
die königlichen Hoheitsrechte ausübte und in bestimmten Bereichen
(Mark, Königsburg, Pfalz, Königsgut) Stellvertreter des
Königs/Kaisers war. Er stammte aus dem fränkischen Reichsadel und war
in seiner Grafschaft oft auch mit eigenem Besitz vertreten. Der Graf war
zunächst mit Wehrhoheit
und Gerichtsbarkeit,
später auch mit Finanz- und Verwaltungshoheit ausgestattet. Die
Grafschaftsverfassung des Frankenreichs wurde außer in seinen
Nachfolgestaaten Deutschland,
Frankreich
und Italien
auch von England
(County),
Spanien,
und Ungarn
(Komitat)
übernommen.
Schon von Beginn an bestand durch die häufige Wahl der Grafen aus dem
lokalen Adel die Tendenz zur Erblichkeit. Ein König musste schon gute
Gründe vorbringen, um dem Sohn eines Grafen die Nachfolge seines Vaters
zu verwehren. Seit den Ottonen
wandelte sich die Bedeutung des
Grafentitels durch seine zunehmende Erblichkeit und die Einbindung ins
Lehnssystem
vom ursprünglichen Amt zum Begriff für
die zusammengefaßten Rechte eines Adligen in einem bestimmten Bereich.
Die Grafenrechte wurden durch Tausch, Verkauf und Erbteilungen immer
mehr privatrechtlich behandelt. Als äußeres Zeichen dieser Entwicklung
setzte sich vermehrt die Bezeichnung der Grafschaft nach dem
Herrschaftsmittelpunkt des Grafen anstatt nach der Lage in einem Gau
für die Grafschaft durch. Die Salier
versuchten ohne nachhaltigen Erfolg die
Reorganisation der Grafschaft durch ihren ministerialischen Dienstadel
zu erreichen. Im Hochmittelalter gerieten die meisten Grafschaften und
damit deren Rechte unter die Kontrolle fürstlicher Geschlechter. Der
Grafentitel war daher überwiegend nicht mehr mit einer Grafschaft
verbunden. Der Grafentitel als Merkmal einer Adelsklasse erhielt sich
jedoch.
Der deutsche Adel unterteilte sich in den Hoch- und Niederadel. Grafen
hatten innerhalb des Hochadels den niedrigsten Rang. Die Ehefrau eines
Grafen war „Gräfin“, die Nachfahren von Grafen in der Regel
ebenfalls Grafen. Die unverheiratete Tochter eines Grafen war Gräfin,
wurde jedoch seit dem 17. Jahrhundert „Comtesse“ (frz.:Gräfin = comtesse) angesprochen, was im
19. Jahrhundert wieder außer Gebrauch gekommen ist. Grafen standen die
Anrede Hochgeboren,
regierenden und ehemals regierenden, standesherrlichen
Grafen die Anrede Erlaucht
zu (siehe unter Standesherrliche
Häuser im Genealogischen
Handbuch des Adels).
Es gab auch den Grafentitel, die nur dem Fideikommissherrn
und nicht den übrigen Mitgliedern einer
Adelsfamilie verliehen wurden. Seine Nachfahren waren mit Ausnahme des
Erben Freiherren bzw. Freiinnen.
Abgeleitete Titel
- Landgraf
(comes
provincialis, comes patriae, comes terrae, comes magnus u.ä.):
Anfangs Amtstitel eines Lehensträgers unmittelbar vom König,
später im Reichsfürstenstand,
als alter Ritteradel annähernd einem Herzog
gleichgestellt
- Markgraf,
auch Grenzgraf (Comes
terminalis): Anfangs
Amtsträger in einer Grenzmark, später im Reichsfürstenstand,
einem Fürsten
gleichgestellt, als alter Ritteradel
aber höherem Ansehen
- Gaugraf
(comes),
der ursprüngliche Graf, Lehensmann eines Gaus, Führer eines
Heerbanns, später abgekommen
- Pfalzgraf
([comes]
palatinus) und Hofpfalzgraf
(Comes palatinus caesareus): Amtsträger als unmittelbarer
Vertreter des Königs (bzw. des Kaisers), später im
Reichsfürstenstand, einem Fürsten gleichgestellt, aber höherem
Ansehen
- Reichsgraf:
ursprünglich der Graf einer anfangs
königs-, dann reichsunmittelbaren Grafschaft, standesherrlich mit
Sitz und Stimme im Reichstag.
Seit dem 17. Jahrhundert zunehmend als Bezeichnung für den reinen
Adelstitel Graf,
sofern er er als Briefadel
durch den römisch-deutschen Kaiser
verliehen war.
- Burggraf
(praefectus,
castellanus): Dem jew.
Landesherren direkt unterstellter Herr,
teils auch reichsunmittelbare Stellungen
Erbgraf wird der erstgeborene Sohn bzw. Erbe eines
Grafen genannt (vergleichbar etwa einem Erbprinzen)
Spezielle Titel:
In anderen Sprachen:
- Earl,
englisch
- Comte,
französisch
- Vicomte:
Ursprünglich der Stellvertreter eines
Grafen (Vizegraf). In England und Frankreich eigenständiger Titel
zwischen Baron
und Graf
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